Berger Modellbau, Göttingen

Abb. 1

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Abb. 2

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Abb. 3

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Abb. 4

Abb. 4

Abb. 4a

Abb. 4a

Abb. 4b

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Abb. 5

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Abb. 6

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Abb. 7

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Abb. 8

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Abb. 9

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Abb. 10

Abb. 10

Wanderschutzmittel

Unter diesem Oberbegriff sollen hier der Einfachheit halber sämtliche ungewollte Lageänderungen des Oberbaus oder einzelner Teile davon versammelt werden.
Beim Vorbild werden Gleisanlagen verschiedenen äußeren Kräften ausgesetzt:

  • Ständige Temperaturschwankungen beanspruchen den Gleiskörper in Längsrichtung der Schienen.
  • Die Anfahr- und Bremskräfte werden in das Gleis abgeleitet (Gefälle, Bahnhofs-Ein- und Ausfahrten).
  • Stöße der Räder wirken auf die Anschlussschienen bei schlechten oder abgenutzten Laschenstößen.
  • In Gleisbögen wirkt die Zentrifugalkraft auf den Oberbau.

Das kann dazu führen, dass in solcherart belasteten Bereichen Schienenabschnitte, aber auch ganze Weichenkombinationen im Lauf der Zeit verschoben werden können. An Hand von Festpunkten wird die Abweichung vom Sollzustand kontrolliert. Die Wiederherstellung der ursprünglichen Lage kann umfangreichere Baumaßnahmen notwendig machen.
Damit sich der Aufwand in Grenzen hält, stehen dem Oberbauer diverse Mittel zur Verfügung, die im allgemeinen eher unauffällig oder auch gar nicht sichtbar sind. Der puristische Modelloberbauer kann das eine oder andere Detail beachten.

Die Wanderbewegungen kann man in zwei Typen einteilen:
Bewegungen nur des Schienenprofils relativ zu den sonstigen Oberbaukomponenten
Bewegungen ganzer Oberbauteile (Gleise, Weichen, Drehscheiben, Schiebebühnen) relativ zum Unterbau und Bauwerken

Längsbewegungen des Schienenprofils sind beim vom Modellbahner geliebten Oberbau mit Laschen und Stoßlücken einkalkuliert und akzeptiert, solange es sich nur um temperaturbedingte Längenänderungen handelt. Im Zusammenspiel mit weiteren Kräften (s.o.) kann sich aber ein Wandern in eine Hauptrichtung einstellen. Um das zu verhindern werden Klemmen verschiedener Bauarten am Schienenfuß verspannt, die sich gegen die Schwellen abstützen und so die Wanderneigung hemmen sollen. Diese Klemmen werden erst wirksam, wenn sie in ausreichend großer Zahl eingebaut werden:
Für 15 m-Schienen werden 4 Klemmen, für 30 m-Schienen 6 Klemmen in Schienenmitte gefordert, bei Bedarf mehr.
Für durchgehend verschweißte Schienen gelten besondere Anforderungen: vor Weichen, Schienenauszügen, Brücken ohne Schotterbett, Wechsel auf schwächere Profile und den Schienenenden werden auf ca. 50 m an 37 Schwellen Wanderschutzklemmen eingebaut.
Man muss beim Vorbild schon sehr genau hinsehen, will man solche Klemmen wahrnehmen. Die Nachbildung im Modell muss noch etwas warten.
Siehe auch: Wanderschutz

Die Längsbewegungen der Schienenprofile können in Weichen zu Problemen führen, wenn sich Backenschienen und Zungen gegeneinander verschieben, weil dadurch die Positionen korrespondierender Bauteile der Verschlüsse nicht mehr übereinstimmen.
Die Konstruktion der S 49-Reichsbahnweichen mit Federschienenzungen sieht vor, dass die Füße von Zungenschiene und Backenschiene im Bereich der Zungenwurzel auf der Unterseite Blindbohrungen von 45 mm Durchmesser erhalten. An den entsprechenden Stellen erhalten die Auflager der Rippenplatten ebenfalls solche Bohrungen. In diese Bohrungen werden passende Stahlzylinder eingelegt, die in die Bohrungen in den Schienenfüßen eingreifen und so Längsbewegungen von Zungenschiene und Backenschiene in diesem Bereich verhindern (Abb. 2). Eine eingeschränkte Wirksamkeit durch Verschleiß ist nicht ausgeschlossen. Auf die Nachbildung kann auch der Purist verzichten, da davon nichts zu sehen ist.
Reichsbahnweichen mit Gelenkzungen und Federzungen sind in der Nachbildung aufwendiger. Das Wandern wird durch Bearbeitung der Zungenfüße und diverse Wanderknaggen eingeschränkt.
Moderne DB-Weichen ab ca. 1970 sind Federzungenweichen (neuer Bauart). An der Zungenwurzel werden hier Gabel und Zapfen als Wanderschutz eingebaut (Abb. 3 u. 4).

Der Klammerverschluss wurde in seinen Komponenten so weiterentwickelt, dass Lageabweichungen bis zu einem gewissen Grad kompensiert werden konnten (u.a. gummigefederte Klammern, verschiebbare Verschlussstücke). Entscheidende Verbesserung brachte aber erst der Klinkenverschluss (ungefähr ein um 90° gekippter Klammerverschluss), der mit Längendifferenzen besser zurecht kommt.

Abb. 4a zeigt Wanderschutzknaggen wie sie an Länderbahnbauarten verwendet wurden. Das Foto zeigt allerdings eine EW 140 1:6 nach der Norm für Industrie- und Werksbahnen, gebaut in den siebziger Jahren. Auch das Verschlussstück VK 01 ist für solche Weichen in privaten Anschlussgleisen typisch. Hier die Bauform für Form 8-Profile.
Die Knaggen umfassen die Rippen der Unterlagsplatten und sollen so die Längsbewegungen der Backenschienen begrenzen. Es werden bei dieser Weiche an den Backenschienen jeweils fünf dieser Knaggen verbaut. Zusätzlich erhalten die Zungenwurzeln der Federschienenzungen noch jeweils eine Knagge (Abb. 4b).

Kommen wir zur zweiten Hauptgruppe der Oberbau-Wanderlust: Den Bewegungen des gesamten Gleis- oder Weichengestänges.
Eine Folge immer längerer verschweißter Gleisabschnitte war die Notwendigkeit die Quersteifigkeit des Gleises zu gewährleisten. Da die temperaturbedingte Längenveränderung der Schienen nicht mehr durch Stoßlücken ausgeglichen wird, werden die Kräfte in das Schotterbett abgeleitet. Besonders in Bögen muss das Schotterbett das Gleis auf Linie halten.
Eine erste Maßnahme ist die Verstärkung des Schotterbetts vor den Schwellenköpfen. Mit weniger Material- und Unterhaltungsaufwand kommen Sicherungskappen aus. Das sind stabile Blechschaufeln, die an die bogeninneren Schwellenköpfe angeschraubt werden und so in das Schotterbett eingreifen. Sie erhöhen den Querverschiebewiderstand sehr effektiv (Abb. 5 u. 6). Ähnlich wirken Schwellenanker, die in der Regel in Schwellenmitte eingebaut werden.
Abbildung 7 zeigt ein Muster aus Neusilberblech geätzt (ab Ep. IIIb, Anker ab V). Für den Modellbau würde eigentlich die Nachbildung des Teils reichen, der die Schwellenköpfe umfaßt. Für Betonschwellen gibt es angepasste Formen.
Die seitlichen Verschiebungen sind auch für den verlaschten Oberbau ein Problem. Die Sicherungskappen werden auch hier verwendet. Für Bahnen der Ep. IIIa und früher sind in die Schwellenfächer eingeschraubte Stellbretter typisch, ebenfalls auf der Bogeninnenseite (Abb. 8). Die Sicherungskappen aus Stahlblech werden in der Regel an jeder dritten Schwelle angebracht. Die Schwellenfächer mit Stellbrettern bilden Dreiergruppen.
Siehe auch: Sicherungsanker

Bauwerke, die den Gleisen besonders nahe kommen, sind Bahnsteige und Laderampen. Die Fotos vom ICE-Bahnsteig in Göttingen zeigen eine simple Methode, die Annäherung des Gleises an den Bahnsteig zu begrenzen. Besonders in Bögen findet man das sehr oft. Hier wurde jede zwölfte Schwelle mit dem Abstandhalter ausgestattet (Abb. 9 u. 10).
Wer das nachbauen möchte, sollte beachten, dass die Abstandsbohlen ausgeklinkt werden, damit die Kraftübertragung von Schwellenkopf direkt auf die Bohle stattfindet. Eine Übertragung über die Verschraubungen würde beim Vorbild nicht lange funktionieren.
Die 1pur-Gruppe hat leider keine einzelnen Schwellenschrauben im Angebot. Möglicherweise kann aber Achim Nolte demnächst maßstäbliche Gussteile liefern (Stand 2020). Sonst muss wieder Eigeninitiative her oder Sechskantschrauben mit Sw 1,2 dienen als akzeptabler Ersatz.

Im Artikel Einheitsgelenkdrehscheiben wurden bereits Wandersicherungen für den Laufkranz und die Zufahrtgleise besprochen.

Letzte Änderung : 31. Mai 2021