Niveaugleiche Wegübergänge werden nicht nur von Autofahrern als störend empfunden. Der Oberbauer bemängelt den erhöhten Aufwand bei der Instandhaltung bzw. Durcharbeitung der Gleise. Zusätzlich entstehen Probleme durch die eingeschränkte Belüftung und schwierigere Entwässerung des Gleisabschnittes.
Mit Zunahme des Straßenverkehrs – insbesondere durch schwere LKW – ergaben sich weitere Probleme durch die Belastung des Oberbaus quer zur Gleisachse.
Die vielfältigen Lösungen für Bahnübergänge wurden teilweise auch für Ladestraßen, Kaianlagen, Containerterminals u.ä. für gemischten Betrieb vorgesehene Flächen übernommen.
Der Eisenbahnmodellbauer muss sich an dieser Stelle auch mit dem Straßen- und Wegebau beschäftigen. Die Ausführung der Wege (unbefestigt, Schotter, Asche u.ä., Pflaster, Bitumendecke usw.) sollte zur dargestellten Epoche und angenommenen Verkehrsbelastung passen und Grundsätze des Wegebaus sollten beachtet werden. Z.B. sollen in Wegen, die mit Gefälle hin zum Übergang führen, Entwässerungsmulden rechtwinklig zum Weg angelegt werden.
Für die Entwässerung der Bahntrasse werden verdeckte Drainagerohre verlegt und offene Gräben gezogen, die – soweit sichtbar – unbedingt nachgebildet werden sollen (Abb. 1).
Wenn die Übergänge in mehrgleisigen Bögen mit Überhöhungen liegen, sollen die Gleise so angeordnet werden, dass die Wege gleichmäßig ansteigen (Abb. 2).
Die Entwicklungen im Oberbau für Wegübergänge sind vielfältig. Manche Lösung, die schon vor Jahrzehnten gebaut und dann verworfen wurde, wurde wieder hervorgeholt und in ähnlicher Form ausprobiert.
Heute geht der Trend zu modularen Systemen mit Elementen aus Beton und Gummi, die leicht aufnehmbar sind und so die kostensparende Durcharbeitung der Gleise ermöglichen. Die Freihaltung der Spurrillen und die Entwässerung wird durch passgenaue Bauteile gewährleistet.
Für alle im folgenden beschriebenen Bauarten gilt, dass Laschenstöße mindestens 5 Meter außerhalb der Wege liegen müssen.
Werden unbefestigte, staubige Wege gekreuzt, sollen die ersten beiden Schwellenfächer gepflastert oder mit Bohlen ausgelegt werden. Zusätzliche Fangbretter sollen dafür sorgen, dass Schmutzwasser vom Übergang nicht in die Bettung fließt sondern zur Seite in die Entwässerung geleitet wird.
Spurrillenschienen
Die Länderbahnen pflegten das System der Spurrillenschienen. Dabei werden Profile an die Regelschienen angeschraubt, so dass eine definierte stabile Spurrille gebildet wird. an den Enden werden die Profile aufgebogen, damit auch bei der größten anzunehmenden Abnutzung von Schienen und/oder Rädern die Spurkränze ohne Auflaufen in die Spurrillen geführt werden.
Die Reichsbahn wollte sich bei Einführung der S 49-Oberbauarten mit diesem Prinzip nicht anfreunden obwohl der Oberbau der Strecke durchgeführt werden konnte und Wegübergänge somit relativ preiswert zu erstellen waren. Dementsprechend wurde auch kein zur S 49 passendes Spurrillenprofil beschafft.
Bei der Bundesbahn/Deutsche Bahn wurde diese Bauart jedoch wieder genutzt, nach der mir vorliegenden Literatur etwa ab Modellbauepoche IV verwendbar (Abb. 3). Das Profil ist mit S 49 und S 54 verwendbar, mit einem Adapterprofil auch mit UIC 60.
Dafür musste kein neues Profil “erfunden” werden, denn bei Werksbahnen u.ä. wurden die Spurrillenprofile schon früher verbaut.
Von der Reichsbahn wurden zunächst deutlich aufwendigere Bauarten in Betracht gezogen:
Oberbau Ri
Der Oberbau Ri vereinigt die Regelschiene und das angeschraubte Spurrillenprofil zur einteiligen Rillenschiene Ri 1. Ihre größere Höhe und ihr breiterer Fuß erfordern eine spezielle Auführung des Oberbaus im Bereich der BÜ und besondere Laschen oder Schweißungen an den Übergängen zum Regelprofil. An den Enden werden die Rillen aufgebogen. Rillenschienen wurden in Radien bis 600 Meter verwendet, in kleineren Bögen waren Leitschienen vorgesehen.
Trotz ihrer Abmessungen erreichen Rillenschienen nicht die Stabilität der Regelschienen und haben sich deshalb und wegen des hohen Aufwands nicht durchsetzen können und wurden bereits Ende der dreißiger Jahre als überholte Oberbauform geführt (Abb. 4 u. 5).
In der Literatur zum DB-Oberbau finden sich Hinweise, dass das Profil Ri 1 weiterhin seitens der DB in gepflasterten Anlagen (z.B. Hafenbahnen) auch für Weichen verwendet wurde. Als Vorteile der Rillenschienen werden u.a. die einfache Sauberhaltung und Unfallsicherheit angeführt. Die große Schienenhöhe erlaubt zudem für schweren LKW-Verkehr geeignetes Pflaster.
Oberbau LeW
Die Oberbauform LeW (S 49 mit Le itschienen für W egübergänge) wurde ebenfalls bereits in den dreißiger Jahren wieder aus dem Katalog der Regelbauarten gestrichen.
Die Stahlgussschienenstühle für Holzschwellen ähneln denen für den Tunneloberbau LeT. Wegübergänge mit Stahlschwellen erhielten besondere Befestigungswinkel für die Leitschienen. Manchmal wurde im Bereich des BÜ auch auf Holzschwellen gewechselt. Im Unterschied zu den Schienenstühlen für den Leitschienenoberbau LeK wurden die Schienen in Wegübergängen und Tunneln mit Hartholzkeilen verspannt um die Korrosionsgefahr zu senken. Die Leitschienen hatten standardmäßig Längen von 10,5 13,6 oder 16,7 Meter, wurden an den Enden auf eine Länge von 500 mm auf 32 mm zusammengedrückt und konnten bei Erreichen der Verschleißgrenze gewendet werden. Die Rillenweite betrug 60 mm. In Gleisbögen wurden die äußeren Rillen erweitert, siehe Abb. 6 rechts oben.
Lag der Übergang in einem Gleis mit Leitschienen (LeK), konnte der Wegeoberbau LeW angeschlossen werden. Nachdem der Oberbau LeW nicht mehr eingebaut bzw. instandgehalten wurde, erhielten in solchen Fällen die Innenschienen den Leitschienenoberbau LeK der Strecke und an den Außenschienen wurden Streichbalken verlegt.
Streckenoberbau mit Streichbalken
Nachdem die aufwendigen Sonderbauarten ausprobiert und verworfen worden waren wurde eine einfache Bauform zur Regelbauart, die dem Oberbauwesen entgegen kam. Die Ausführungen mit Streichschwellen aus altbrauchbaren Schwellen war relativ preiswert, erlaubte die Durchführung des Streckenoberbaus und konnte für Oberbauarbeiten leicht aufgenommen werden. Die Wege konnten komplett aus Schwellen erstellt werden oder zwischen den Streichbalken wurde Kleinpflaster verlegt (Abb. 7 u. 8). Hauptbauart für 2. Hälfte der Ep. II und Ep. IIIa.
Speziell das Kleinpflaster war den zunehmenden Belastungen durch den Straßenverkehr nicht gewachsen. So entstanden ab den fünfziger Jahren verschiedene Lösungen um die Ansprüche des Bahnbetriebs und des Straßenverkehrs unter einen Hut zu bekommen.
Leider ist die Qellenlage (für mich) zur Zeit noch nicht ausreichend für genauere Angaben zu den Entwicklungszeiten und Einsatzzeiträumen. Die Einordnung in die Modellbauepochen muss etwas vage bleiben.
Oberbau mit Beischiene, Bauart Lindau
Das Leitschienenprinzip wurde noch einmal aufgegriffen. Diesmal wurden als Beischienen bezeichnete, am Fuß befräste Regelschienen verwendet. An Stelle der teuren Stahlgussplatten traten bearbeitete und verschweißte Regelplatten. Die Anordnung wird auch als Bauart Lindau bezeichnet (Abb. 12).
Es wurden mehrere Plattentypen für diese Wegübergänge vorgehalten:
- Rph 7Ü für UIC 60 auf Holzschwellen, Neigung 1:40
- Rph 8Ü für S 49/S 54 auf Holzschwellen, Neigung 1:40
- Rph 9Ü für S 49/S 54 auf Holzschwellen, Neigung 1:20
- Rph 10Ü für S 49/S 54 auf Holzschwellen, ohne Neigung
- URp 409 für UIC 60 auf Holzschwellen, ohne Neigung
- Rps 2Ü für S 49/S 54 auf Stahlschwellen, Neigung 1:40 – Oberbau Sr mit Spannbügel
- Rps 3Ü für S 49/S 54 auf Stahlschwellen, ohne Neigung
In der mir bekannten (natürlich unvollständigen) DB- oder DB-nahen Literatur finden sich erst nach Einführung der UIC 60 ab 1970 Hinweise auf die Bauart Lindau. Auch die Nummerierung der Platten läßt eine so späte Einführung mutmaßen. Die bearbeiteten und miteinander verschweißten Regelplatten werden in anderen Zusammenhängen zum erstenmal 1962 aufgeführt.
Allerdings wird in einer Patentschrift eines Zulieferers von 1962 eine bereits bestehende zumindest ähnliche Bauart erwähnt. Eine verbindliche zeitliche Einordnung muss also noch warten.
Diese Bauart hat sich nicht bewährt. Der Einbau und die Unterhaltung waren vergleichsweise teuer. Die Bitumensplitfüllung der Spurrille erschwerte den Zugang zu den Kleineisen. Das machte sich besonders an Übergängen mit schwerem LKW-Verkehr bemerkbar. Diese Fahrzeuge fuhren die Beischienen senkrecht zur Gleisachse an, was für Lockerung und Bruch der Klemmplatten sorgte. Wenn die Komponenten nicht mehr ausreichend verspannt sind, setzen sich die Bewegungen in das Gleis und den Straßenbelag fort und richten weitere Zerstörungen an.
Bitumensplitfahrbahn mit eingewalzten Spurrillen
Im Straßenbau hatte sich die Bitumensplitdecke schon seit einiger Zeit durchgesetzt, im BÜ-Bereich wurde aber noch verbreitet gepflastert. Ab 1968 wurden Übergänge mit gewalzten Schwarzdecken ohne stählerne Schutzkanten gebaut. Dabei wurden die Fahrbahndecken auch zwischen den Schienen gewalzt. Die Spurrillen werden durch Einlagen freigehalten aber erst nach Abkühlen der Bitumensplitschicht fertig geschnitten. Das gewährleistet, dass die Kante im abgewalzten Bereich liegt und eine hohe Festigkeit hat (Abb. 11).
Auch diese Bauart hat den Nachteil der Unzugänglichkeit und notwendigen Zerstörung bei Oberbauarbeiten.
Anmerkung: In einem Bericht in Der Eisenbahningenieur 4/73 wird darauf hingewiesen, dass Straßenwalzen die Schienen nicht seitlich anfahren dürfen. Um Schäden zu vermeiden müssen beim Queren Bohlen untergelegt werden.
Schwarzdecken wurden auch in Verbindung mit Streichbalken aus Beton erstellt.
Gegen Ende der fünfziger Jahre wurde der Baustoff Beton auch für Wegübergänge eingesetzt und es wurden die Grundlagen für die modularen Systeme entwickelt, die bis heute Stand der Technik sind.
Gleistragplatten
Die Platten werden entweder aus Ortbeton oder aus Betonfertigteilen gefertigt. Die Standardlänge der Fertigteile beträgt 2600 mm bzw. 2590 mm plus Dichtungsfuge. Die Platten sind gleichzeitig Schienenauflager (auf Zwischenlagen aus Gummi) und Fahrbahn für den Straßenverkehr, meist mit Schutzwinkeln an den Spurrillen.
Anfangs wurden die Schienen in den Nuten mit Hartholzkeilen gerichtet und verspannt. Die Spalte zwischen Schienenkopf und Betonfahrbahn und die Spurrillen wurden mit Split und Vergussmassen gefüllt und abgedichtet.
Nachdem ab 1968 mit dem Oberbau W ein weiterer Regeloberbau zur Verfügung stand, wurde dieser auch in den Gleistragplatten verwendet (Abb. 9). Da diese Oberbauform mit den elastischen Spannklemmen nicht nachgespannt werden muss, waren die vergossenen Spalte nicht kritisch. Es wurden auch aufnehmbare Füllstücke aus Gummi eingebaut.
Der Einbau der Platten geschieht mit großer Sorgfalt, da Senkungen, Frosthebungen o.ä. nur mit großem Aufwand beseitigt werden können.
Gleistragplatten wurden für weitere Anwendungen weiterentwickelt, zum Beispiel: Tankanlagen, Waschanlagen, Tunnel und Unterführungen bei denen sonst keine ausreichend Höhe für den Fahrdraht blieb (Abb. 10).
An den Übergängen von Schotterbett auf Betonfahrbahn sollen drei Doppelschwellen liegen.
Aufgelegte Fahrbahnplatten
Bei dieser Bauart werden zwischen die Schienen und an die Außenseiten Fertigbauteile aufgelegt, die so geformt sind, dass Raum für die Regelkleineisen bleibt. Auch für diese Bauart wurden elastische Füllstücke entwickelt. Damit entstand eigentlich die Bauform, die die Anforderungen von Straßenverkehr und Bahnbetrieb erfüllte: relativ günstige Verlegung und Unterhaltung, robust und widerstandsfähig, Vermeidung von Verschmutzung und gute Entwässerung, leicht aufnehmbar.
Nach Einführung der Platten wurden Betonschwellen für Wegübergänge zugelassen (1959). 1962 galt es bereits als zweckmäßig in diesen Wegübergängen und solchen mit Bitumensplitdecken keine Holzschwellen mehr zu verlegen.
Quellen:
- Der neue Oberbau der Deutschen Reichsbahn und der Oberbau der Gruppe Preußen, Gustav Wulfert, Essen 1939, 4. Auflage und folgende
- Eisenbahn-Lehrbücherei der Deutschen Bundesbahn Band 82, Starnberg 1962
- Bauarten des Oberbaues, Eisenbahn-Fachverlag, Heidelberg 1979
- Zusammenstellung der gebräuchlichsten Oberbauformen und des entsprechenden Kleineisens, Deutsche Bundesbahn BD Nürnberg 1988
- Der Eisenbahningenieur, 6/1971, 4/1973, 3/2000
Letzte Änderung: 28. Februar 2020