Oberbautechnisch werden Brücken in drei Gruppen unterteilt:
- Stahl- oder Massivbrücken mit geschlossenen Fahrbahnplatten, die es erlauben, den Regeloberbau im Schotterbett auch über die Brücke zu führen. Die Platten sind so ausgeführt, dass sich das Niederschlagswasser an tiefer gelegenen Punkten sammeln kann, von wo es in Rinnen und Fallrohren abfließen kann. Die Details sind groß genug, dass sie auch im Modell dargestellt werden können. Abb. 1 zeigt eine Blechträgerbrücke in Marl-Sinsen (2008). Diese und ähnliche geschlossene Bauformen sind oft im Bahnhofsbereich zu finden, wenn Straßen und Fußwege überquert werden, damit die untere Etage z.B. vor herabfallender Asche und Schlacke geschützt ist. Die Sammelrinnen für die Entwässerung sind gut zu erkennen.
Es kann vorkommen, dass die Höhe der Fahrbahnplatte eine ausreichende Bettung unter den Holz- oder Betonschwellen (min. 30 cm) nicht zulässt. Dann können die 100 mm hohen Stahlschwellen verwendet werden, die bei gleicher Unterbettung eine Schienenoberkante bis minus 60 mm gegenüber Holzschwellenoberbau und bis minus 100 mm gegenüber Betonschwellenoberbau ermöglichen. Mit Holzschwellen können gegenüber Betonschwellen immerhin noch minus 40 mm gewonnen werden.
Kleiner Ausflug:
Das gleiche gilt auch für die mit den Brücken verwandten Überwerfungsbauwerke und die Fußgängertunnel in Personenbahnhöfen. Eventuell vorhandene Tunnel für Post- und Paketdienst und sonstige Infrastruktur sind hier mitgedacht.
In Abb.2 sind nagelneue Stahlschwellen für Oberbau KS zu sehen, die für die Erneuerung eines kurzen Fußgängertunnelabschnits im Bahnhof Göttingen bereitliegen (2017). Darunter ein Foto aus dem Bahnhof Münster mit verschiedenen Oberbauarten (K, Ks und W) auf Holz, Stahl und Beton. Unter den Stahlschwellen liegt der Fußgängertunnel (Abb.3, 2017). In Hamm (Westf.) reicht das Schotterbett für Holzschwellen (Abb. 3b, 2019).
Wer sich mit der modernen Bahn beschäftigt, findet für solche Situationen beim Vorbild inzwischen (ab ca. 2015) auch besondere Betonschwellen. Diese sogenannten Flachschwellen werden von verschiedenen Herstellern angeboten (B 06 FS (Abb. 25) und FS 150 für Regelspur, B 07 FS M2/M4 für Meterspur). Das Foto Abb. 26 zeigt die B 06 FS am DB-Haltepunkt Marl-Hamm.
Weitere Varianten habe ich 2022 in Münster Hbf gefunden: Abb. 27 und 28 zeigen die Abdeckung des untenliegenden Verkehrsweges durch eine Betonplatte. Die Platte ist zur Gleismitte hin geneigt, so dass Regen- und Schmelzwasser abfließen kann. Die Rippenplatten sind ungeneigte Rp 16 (eigentlich für Holzschwellen), die mit Beilagen auf die erforderliche Lagehöhe gebracht werden. Diese Variante dürfte eine einmalige oder zumindest sehr seltene Ausführung sein. Zur entsprechenden Regelauführung auf Betonplatten siehe unten.
Ein weiterer Infrastrukturtunnel ein paar Meter weiter wird mit Y-Stahlschwellen überbrückt (Abb. 29). Mit einer Höhe von nur 95 mm sind sie noch etwas niedriger als die bekannten stählernen Querschwellen. - Seit den sechziger Jahren werden verschiedene schotter- und schwellenlose Bauarten auf Brücken mit Fahrbahnplatten aus Stahl oder Beton verwendet. Das Beispiel für S 49 und S 54 zeigt eine der ersten Ausführungen. Inzwischen werden die schotterlosen Lagerungen so ausgeführt, dass sie quer zur Gleisachse und in der Höhe einstellbar sind um unvermeidliche Ungenauigkeiten beim Brückenbau auszugleichen (Abb.4 u. 5).
- Die klassischen Stahlfachwerkbrücken und viele Blechträgerbrücken haben eine offene Fahrbahn. Hier werden die Schwellen direkt auf der Fachwerkkonstruktion gelagert. Diese Schwellen haben einen vergrößerten Querschnitt, da sie statisch anders – nämlich als Träger – bewertet werden als die in der Bettung liegenden Regelschwellen: statt 160 mm sind sie bis 320 mm hoch. Die Längen werden der Konstruktion angepasst. Sie können zum Beispiel einseitig oder beidseitig verlängert sein, um den Bohlenbelag für den Wartungsgang zu tragen. Diese Schwellen werden Brückenbalken genannt und sind aus Eiche bester Qualität und vierseitig gesägt. Die Tränkung kann bei der Lage über Gewässern (Verschmutzung) vom Standard abweichen.
Die Brückenbalken werden mittels Winkeln mit den Obergurten der Träger verschraubt (Abb.6) oder bei moderneren Konstruktionen oder Oberbauerneuerungen mittels federnder Gammaklemmen mit den Trägern verspannt. Eine weitere Möglichkeit ist die Lagerung der Schwellen auf kleinen Gleitplatten, die auf Zentrierleisten gleiten können (Abb. 7). Jede zweite Gleitplatte hat eine kleine Nase, die in Nuten der Zentrierleisten greifen, um ein Abheben des Gleises zu verhindern.
Die Stahlschwellen für den Streckenbau werden auf offenen Stahlbrücken nicht verwendet. Inzwischen werden aber auch spezielle Breitflanschträger (seit 1999, Abb. 8) oder Kunststoffbalken mit holzähnlichen Bearbeitungseigenschaften (erste Versuche um 1980) eingesetzt.
Auf den Brückenbalken (und manchmal in einem Bereich von bis zu 10 m davor) dienen die breiteren Rph 1-210 statt der Rph-160 als Auflager für die Schienen. Durch die größere Auflagefläche soll die punktuelle Last besser verteilt werden, um die Schwellendecke der teuren Brückenbalken zu schonen (Abb.9).
Es muß vermieden werden, dass sich die Längenveränderung der Brücke durch die Befestigung der Schwellen auf die Schienen überträgt. Deshalb werden hier etwas kleinere Klemmplatten verwendet, die angezogen auf den Rippen aufsitzen und die den Schienenfuß gerade nur so fest klemmen, dass die Schiene nicht kippen kann und Längsbewegungen möglich sind. Diese Kpo-B werden auch bei den schotterlosen Befestigungen unter 2. verbaut (Abb.10).
Stöße (Kuppelschwellen) auf Brücken werden vermieden. Auch in Regionen mit verlaschtem Oberbau (z.B. Bergsenkungsgebiete) werden die Schienen hier verschweißt oder es werden ausreichend lange Schienen verlegt.
Bei längeren Brücken hat das „Durchgleiten“ der Schienen wegen der Reibungssumme der vielen Befestigungspunkte Grenzen. Dann werden Schienenauszüge (Abb.11, 12) eingebaut. Auch bei Bauten mit durchgehender Bettung können solche Auszüge notwendig werden.
- Stahlbrücken mit Regeloberbau, Schotterbett: Auszug ab 60 m Länge
- Massivbrücken mit Regeloberbau, Schotterbett: Auszug ab 120 m Länge
- alle Brücken, Schienen längsbeweglich, schotterlos: Auszug ab 120 m Länge
Bei mehrteiligen Überbauten können geringere Mindestlängen angeordnet werden.
Schienenauszüge gibt es mit 200, 340 und 480 mm wirksamer Länge. Im Aufbau ähneln sie der Kombination Zunge/Backenschiene bei Weichen. Ein Beispiel von der Weser.
Wenn sich jemand mit der Darstellung eines Auszuges beschäftigen will, sollte beachtet werden, dass dieser immer in der Nähe des beweglichen Brückenlagers eingebaut wird.
Brücken ab 50 m Länge erhalten Führungsschienen, mit denen entgleiste Fahrzeuge im Gleis gehalten werden sollen (Abb.13). Die Anordnung könnt Ihr den Zeichnungen entnehmen (Abb.14).
Die DB-Zeichnung und die Fotos zeigen die Rph 13Ü bzw Rph 14Ü für UIC 60-Schienen (Abb.15). Diese Platten gab/gibt es natürlich auch für S 49 und S 54. Sie entstehen aus Regelplatten, die abgeschnitten und verschweißt werden. Da in der Mitte kein Platz für die Schwellenschrauben bleibt, wird mittig eine Holzschraube 20*120 DIN 571 durch eine Rippe gesetzt (Abb.16).
Für Führungsschienen auf Brücken werden die 210 mm breiten Platten mit 160 mm breiten Platten kombiniert (Abb.17, 18), für Führungsschienen auf normaler Fahrbahn (z.B. unter Brücken (Abb.19)) sind es zwei „normale“ 160er Platten.
Dabei können zwei 1:40 geneigte Platten verschweißt werden, es wurden aber auch alte 1:20-Rph5 oder Länderbahnplatten für die Führungsschienen verwendet. Es musste alles so geschnitten und verschweißt werden, dass die Führungsweite von 180 mm erreicht wurde (Abb.20).
Dem aufmerksamen Betrachter wird auffallen, dass die Führungsschienen auf Brücken nur auf jeder zweiten Schwelle gelagert werden. Die Führungsschienen werden nicht verlascht oder verschweißt, um den Ein- und Ausbau zu erleichtern. Das beschleunigt z.B. die maschinelle Durcharbeitung des Schotterbetts.
Es gab/gibt weitere Bauformen mit hölzernen Streichbalken, Winkelprofilen und Leitschienenprofilen als Führungselemente.
Die Fotos der offen Stahlfachwerkbrücke sind an der Brücke Haltern DB-Nr. 1.0005.0, WSA-Nr. 431 über den Wesel-Datteln-Kanal entstanden (Strecke Wanne – Münster) (Abb.21). Sie ist 94,5 m lang und wurde 1953 gebaut. Sie ersetzte die bei Kriegsende gesprengte Bogenträgerbrücke. Die Übersichtszeichnung habe ich für den fortgeschrittenen Brückenbastler als Download eingestellt (in der Bilderspalte ganz unten).
Ich selbst werde mich zunächst mit dem Bau einer etwas kleineren Brücke beschäftigen. Es soll eine kleinere Blechträgerbrücke mit tiefliegender offener Fahrbahn werden, eine von Brückenästheten schräg angesehene Bauform, da sie das Fahrwerk der querenden Fahrzeuge teilweise verdecken kann (Abb.22).
Als Vorbereitung des Projektes beschäftige ich mich zur Zeit mit dem Bau einer Nietprägevorrichtung (Sommer 2019). Um mich bei der Stange zu halten habe ich aber schon mal die Brückenbalken und die Rph 1-210 fertiggestellt (Abb. 23, 24).
Quellen:
- Eisenbahn-Lehrbücherei der Deutschen Bundesbahn Band 82, Starnberg 1962
- DB-Fachbuch Band 8/12, Heidelberg 1979
- Oberbauhandbuch ThyssenKrupp, Onlineausgabe 2014
Letzte Änderung: 26. August 2022