Berger Modellbau, Göttingen

Die EW 190 49 1:9 Fsch (H) von Hosenträger Rail Systems GmbH

Ab Frühjahr 2019 wird die Pur-Version der EW 190 von HRS ausgeliefert, die 1pur-Bahner können sich Gedanken machen, ob das Produkt ihren Ansprüchen genügt.

Lageplan Blatt 1. Rug

Lageplan Blatt 1. Rug

EW 190 1:9 DRG 1934

EW 190 1:9 DRG 1934

Lageplan EW 190 1:9 Blatt 211g DR (DDR) 1973

Lageplan EW 190 1:9 Blatt 211g DR (DDR) 1973

Zur ABW 306,8/500 (Schutzweiche) verbogene EW 190 1:9 nach Blatt 211m der DB kurz vor dem Ausbau 2010 (W16 Bf Rosdorf)

Zur ABW 306,8/500 (Schutzweiche) verbogene EW 190 1:9 nach Blatt 211m der DB kurz vor dem Ausbau 2010 (W16 Bf Rosdorf)

Schienenlängen

Schienenlängen

Ausschnit aus Blatt 2Rug

Ausschnit aus Blatt 2Rug

Kp 90

Kp 90

Iol 131 Lage der Weichenendstöße

Iol 131 Lage der Weichenendstöße

Blatt 344 (Berlin 1936) Ausschnitt

Blatt 344 (Berlin 1936) Ausschnitt

Der Lageplan

Interessant ist bei dem Weichenmodell die Schwellenlage nach der letzten Doppelschwelle am Weichenende: Das angebotene Weichenmodell bietet hier fünf Langschwellen und im weiteren als Abschluss die kurzen Schwellen 52 in der Ausführung als Kuppelschwellen.
Doppelschwellen in Verbindung mit den kurzen Schienenprofilen (Bausatz Nr. 126 und 128) an dieser Stelle gibt es beim Vorbild nicht, der Stoß liegt ja schon einige Meter weiter vorne auf der Doppel(lang)schwelle am Weichenende.

Der epochenbewußte 1-Bahner kann der Anzahl der Langschwellen hinter dem WE einen Gedanken widmen:

  • Pläne der DRG von 1927 bis Mitte der 30er zeigen EW 190 1:9 mit sieben folgenden Langschwellen. Das gilt für Holz- und Stahlschwellen.
  • Lagepläne der Reichsbahn von 1948 (Vor-DB-Zeit) zeigen Veränderungen der Schwellenlage am Weichenende. Die EW190 1:9 mit Holzschwellen haben nunmehr nur noch sechs Langschwellen nach der letzten Kuppelschwelle. Das gilt für die Ausführungen Gz, Fz und Fsch. Die Weichen mit Stahlschwellen (nur Gz und Fz) haben weiterhin sieben Langschwellen. (Blätter 1Rug, 11Rug, 201k, 211k, 211g). Mit dem Index K wird noch auf die ausgeklinkten Rippenplatten bei Weichen auf Holzschwellen hingewiesen, g steht für gebrochene Zungenspitze.
    Es wird leider nicht eindeutig dargestellt, ob die Änderungen möglicherweise noch aus Kriegs- oder Vorkriegszeiten stammen.
  • Die Deutsche Bundesbahn behielt die Ausführung mit sechs Langschwellen (H) bei. (Blätter 211g, 211m). Der Index m wird bei Weichen mit keilverspannten Backenschienen Bauart M verwendet. Gebrochene Spitzen waren da schon Standard.
  • Die Deutsche Reichsbahn der DDR sparte eine weitere Langschwelle ein und verwendete nur fünf Stück. Wer sich diese Bauart zum Vorbild nimmt, sollte Radlenker und Flügelschienen noch um 100 Vorbildmillimeter kürzen um auch hier vorbildentsprechend Material zu sparen.

Mein Foto zeigt eine Weiche nach Blatt 211m. Die ist in allen geometrischen Details identisch mit dem Lageplan 211g. Die Abstützung der Backenschienen erfolgt hier durch Keilverspannung Bauart M und das alte besondere Radlenkerprofil wurde von ebenfalls keilverspannten aus S 49 gefertigten Schienenradlenkern abgelöst (Regelbauart ab 1960).

Ein Blick auf die Urmutter aller Reichsbahnweichenlagepläne (Blatt 1.Rug – Berlin, im Juli 1927) zeigt: Sieben ist hier die Zahl der Wahl. Eine Zeichnung von 1934 mit Holzschwellen bestätigt, dass die DRG offensichtlich noch nicht vor hatte daran etwas zu ändern: sieben Langschwellen bis zu 4,8 m Länge.
Ein Blick auf Punkt 5 der Bemerkungen auf Blatt 1 könnte auch die Fans des EH 204 umstimmen: Die DRG besteht auf EH 4a. Es handelt sich dabei um einen Nachtrag von 1931. Bis dahin war das EH 4 die Regelbauart.

zum Lageplan 211g in 1:32

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Details

Der Abstand der Führungsrippen auf den Platten beträgt normalerweise 127 mm (für den 125 mm breiten Schienenfuß). Im Bereich der Zungenvorrichtung wird der Abstand zur Außenseite hin auf 140 mm vergrößert, damit die Backenschienen trotz der Gleitstühle ohne Zwängen aufgelegt werden können.
Die Kp 90 besitzt an der Schienenfußanlage eine kleine Nase, mit der der vergrößerte Rippenabstand ausgeglichen und der Schienenfuß in Richtung der innen liegenden Rippe bzw. Gleitstuhl gedrückt wird.
Bei dem Weichenmodell ist von dieser Konstruktion nichts zu erkennen, zudem ist auf dem Foto (Bauanleitung V 1.1 Seite 12 Abschnitt 4.1.6) zu erkennen, dass die zierliche Klemmplatte sehr leicht zu stark gequetscht werden kann.

Die Lage der Stoßplatten am Weichenende ist falsch (Bauanleitung V 1.1 Seite 18 Abschnitt 5.1.5). Das Originalblatt Iol 131 könnte weiterhelfen.
Wenn ich Fotos und Zeichnungen richtig interpretiere, wurde dieses Detail inzwischen korrigiert.

Das Herzstück stellt eine Bauart mit langen Vollschienen dar, wie sie die DRG in der Entstehungszeit der Reichsbahnweichen (mit Gz und Fz) entwickelte. Die Regelbauarten waren das EH nach Blatt 4 (Futterstück 66 an der Hauptspitze) und 4a (Ausschmiedungen an der Hauptspitze). Inwieweit das von HRS herangezogene Blatt 204 in das Schema der Regelbauarten paßt, kann ich zunächst nicht beurteilen, da mir nicht bekannt. Aus der Modellbauerperspektive ist das auch eine eher akademische technikhistorische Frage, denn eingebaut und mit etwas Patina lassen sich die Unterschiede nicht mehr wahrnehmen. Der Modellbahner, der gerne eine Regelbauart in seiner Weiche hätte, nennt das gute Stück eben EH nach Blatt 4a.

Leider ist das nicht das Hauptproblem:
Weichen mit Federschienenzungen (Fsch) wurden erst ab 1936 gebaut. Gleichzeitig wurden als neue Regelbauart die EH nach Blatt 4b konstruiert. Markantes Merkmal sind die kürzeren Vollschienen (minus 2335 mm in der Haupspitze und minus 1835 mm in der Beispitze) und der Ersatz der Fehlstücke durch elektrisch stumpf angeschweißte S 49-Regelschienen.
Das DRG-Ursprungsblatt der EW 190 1:9 Fsch liegt mir leider nicht vor, ich habe aber dennoch Zweifel, dass die neuen Federschienenzungenweichen überhaupt mit den veralteten EH 4 und 4a gebaut wurden. Die ersten Fsch-Weichen der DRG waren die EKW und DKW 500 1:9 (ab 1936) und deren 1:9-Herzstücke stimmen bezüglich der Abmessungen der Vollschienen und Regelschienen mit den EH 4b überein (z.B. Blatt 344: Einfache Kreuzungsweiche 49-500-1:9 Fsch (H)). Die Festlegung von HRS auf die ältesten Bauarten ist umso bedauernswerter, weil sich das EH 4b ohne Bedenken auch noch als 4c (und ff.) ansehen ließe, das noch lange Zeit neben den geschweißten 4f in DB-Anlagen zu finden war.
Der DDR-Bahner kann in schwach belasteten (Neben-)Gleisen möglicherweise noch vorhandenen EH-Bestand aus Dreyer- und Nolte-Zeiten (Regelschienen-EH 204s, auch mit hochfesten Schrauben hfS) verbauen, wirklich vorbildgetreu sind sie allerdings nicht. Die geschraubten Vollschienenherzstücke (ähnlich 4b ff.) wurden bei der DR als 4v geführt.

Quellen u.a.:

  • Prof. Hartmann: Reichsbahnweichen und Reichsbahnbogenweichen, Berlin 1940
  • Gustav Wulfert: Die Reichsbahnweichen S 49 Band 1, Berlin 1948
  • Gustav Wulfert: Die Reichsbahnweichen und Die Reichsbahnweichen – Lagepläne der Weichen und Kreuzungen in freier Lage, Mühlheim 1960
  • Ing. Gerhard Müller: Weichenhandbuch, Berlin 1973, 3.Aufl. 1979
  • div. Blätter der DRG, DB

Letzte Änderung: 27. April 2022